Reisebericht 08 vom 02.07.06 – 19.07.06: Westküste


Route: Lewis & Clark Trail / Idaho – Washington State – Mount Hood / Oregon – Cascade Lakes / Oregon – Crater Lake / Oregon – Californien: Redwoods – Lassen Volcanic Nationalpark – San Francisco – San Jose, Silicon Valley – Monterey – Big Sur – Morro Bay – Santa Barbara – Joshua Tree Nationalpark – Anza Borrego Desert – San Diego – Calexico 


Nachdem wir die USA nun einmal von Süd nach Nord durchquert haben – nämlich von der mexikanischen Grenze bei El Paso bis an die kanadische Grenze im Glacier Nationalpark – ist es an der Zeit, auch die Ost-West-Querung zu vollenden. Auf den Spuren der beiden Entdecker und Kartographen Lewis & Clark ziehen wir durch Idaho und Washington State – immer entlang des sehr malerischen Highway 12. Dann folgen wir dem Flusslauf Richtung Portland und biegen kurz vor dem Mount Hood auf die Hochebenen Oregons ab. Farmland soweit das Auge reicht – und in der Luft liegt ein zarter Duft nach Zwiebeln, der uns sofort an Zuhause erinnert. So riecht es im Sommer im fränkischen Knoblauchsland auch.

 

Wir fahren weiter durch die hügelige und von Schluchten durchzogene Landschaft des Deschute-River zu den Cascade Lakes. Dieses Naherholungsgebiet von Bend sieht aus wie Colorado im Miniformat – nur leider ist alles stark reglementiert und gebührenpflichtig. Zudem rückt der 4. Juli, der amerikanische Unabhängigkeitstag, näher und entsprechend voll sind alle Camping- und Uferplätze. Wir entdecken schließlich den Lower Lava Campingplatz am Davis Lake. Dieser Platz wird vom National Forest Service

betrieben und ist kostenlos nutzbar. Hier schlagen wir – es ist bereits dunkel – unser Nachtquartier auf. Erst am nächsten Morgen merken wir, welchen Glückstreffer wir gelandet haben: Der Campingplatz liegt direkt am Seeufer, eingerahmt von erstarrten Lavamassen, inmitten von Ponderosa Pinien. Diese schlanken, hoch gewachsenen Bäume haben eine rosa schimmernde Rinde und riechen leicht nach Vanille. Es gefällt uns so gut, dass wir noch einen Tag bleiben. Am zweiten Abend haben wir den Campingplatz sogar für uns allein - wenn man von den kleinen Nervensägen auf vier Beinen, den Eichhörnchen, mal absieht.

 

Nächste Station auf unserer Reise ist der Crater Lake, der früher mal ein Vulkan war. Der Vulkan ist eines Tages ausgebrochen und dann in sich zusammengefallen, so dass sich ein riesiges Becken gebildet hat. Die austretende Lava hat den Boden versiegelt, Regenwasser konnte nicht mehr

abfließen. Im Lauf der Jahre hat sich hier ein See gebildet, dessen Oberfläche in einem tiefen Blau leuchtet und die umliegenden Berge widerspiegelt. Der Crater Lake ist mit einer Tiefe von 593 Metern der siebttiefste See der Welt und

unter seiner Wasseroberfläche befinden sich noch weitere kleinere Vulkankegel, die jederzeit ausbrechen könnten. Wir wollen den See einmal mit dem Auto umrunden, kommen aber nicht ganz rum, weil die Straße noch wegen Schnee gesperrt ist. Und das Anfang Juli …

 

Also machen wir uns direkt auf den Weg in dieRedwoods, jene Mammutbäume an der Küste Kaliforniens, die über 100 Meter hoch und über 1000 Jahre alt werden können. Wir haben die Staatengrenze zu Kalifornien noch nicht richtig überschritten, da fällt uns auch schon auf, wie eng hier alles besiedelt ist. Während wir in der Mitte der USA oft stundenlang gefahren sind, bis wir wieder auf ein Haus oder eine Farm gestoßen sind, stehenhier die Häuser dicht gedrängt wie in einer Reihenhaussiedlung. Public Land, also öffentliches Land, gibt es praktisch überhaupt nicht. Und die Preise für die Campingplätze in den drei Redwood State Parks toppen alles, was wir bisher erlebt haben. Trotzdem genießen wir die Spaziergänge durch diese beinahe mystisch anmutenden Wälder. Die Reddwoods sind Sequoias. Doch anders als ihre Verwandten in der Wüste der High Sierra brauchen sie ein feuchtes und gemäßigtes Klima und kommen deshalb eben nur an der Küste vor.

 

Apropos Küste … Natürlich machen wir auch einen Abstecher ans Meer – wo wir schon mal da sind. Und prompt sehen wir in der Ferne Wale vorbeiziehen. Immer wieder blasen sie riesige Fontänen Wasser aus und immer wieder sehen wir die Fluken (Schwanzflossen) ins Wasser tauchen. Die Wale sind vermutlich auf dem Heimweg ins arktische Gewässer, nachdem sie vor der Küste Mexikos ihre Jungen zur Welt gebracht haben.

 

Tobias will unbedingt noch einen Abstecher ins Landesinnere machen – zum Lassen Volcanic Park. Ich ahne, dass das wieder auf eine Bergtour hinausläuft, gebe mich aber geschlagen. Ein paar Tage später nehmen wir guten Mutes den Lassen Peak Vulkan, der zuletzt 1916 ausgebrochen ist und seitdem Ruhe gibt, in Angriff. Doch das Wetter meint es nicht gut mit uns. Nach eineinhalb Stunden Aufstieg zieht eine dunkle Gewitterwand genau über den Gipfel. Wir drehen um. Doch so schnell geben wir nicht auf. Am nächsten Morgen starten wir einen neuen Versuch. Schon um 8 Uhr in der Früh laufen wir los. Der Aufstieg ist nicht besonders anstrengend, 600 Höhenmeter auf 4 km. Viele Snowboarder tragen ihre Bretter hoch und fahren dann die noch schneebedeckten Bergflanken

hinunter. Ich sehe Tobias an, dass er jetzt auch gern seine Ski dabei hätte. Zwei Stunden später sind wir am Ziel. Ein deutschsprachiges Ehepaar, das wir oben treffen, erzählt uns, dass ein anderes Pärchen am Tag zuvor in einen schweren Hagelschauer geraten ist. Aber heute ist ein Wetter wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne scheint. Schmetterlinge und Wespen surren durch die Luft – und eines der gelb-schwarz-gestreiften Tierchen sticht Tobias in den Arm. Wir denken uns nichts dabei. Doch zwei Tage später in San Francisco ist Tobias’ Arm vom Handgelenk bis zum Ellenbogen angeschwollen. Außerdem zieht sich ein roter Strich auf der Innenseite entlang. Hoffentlich keine Blutvergiftung. Wir kühlen den Arm und lagern ihn nachts auf dem eisgekühlten Kirschkernkissen (Vielen Dank, Ines!). Wenn die Schwellung nicht nachlässt, müssen wir wohl oder übel ins Krankenhaus. Doch siehe da, am nächsten Morgen sieht der Arm schon wieder fast normal aus, die Schwellung ist abgeklungen, einer Stadtbesichtigung steht nichts im Wege.

 

Wir fahren über die Golden Gate Bridge, schlendern durch die Fishermen’s Wharf, durch China Town, Nob Hill, Telegraph Hill, betrachten Alcatraz aus der Ferne, das gar nicht so weit vom Festland entfernt liegt, wie ich gedacht habe, wir scheuchen unseren Landy die steilen Straßen, die auch längst nicht so steil sind, wie das in der Serie „Die Straßen von San Francisco“ immer ausgesehen hat, rauf und runter und besuchen schließlich Esther und ihren Mann Clemens. Wieder einmal kommen wir in den Genuss eines köstlichen Abendessens, eines kuscheligen Platzes für die Nacht, einer heißen Dusche und einer Waschmaschine. Gemeinsam mit Esther schnüren wir am nächsten Morgen noch ein paar Pakete mit allerlei unnützem Plunder, den wir nicht mehr brauchen und nach Hause schicken. Oder anders ausgedrückt: Wir werfen Ballast ab. (Liebe Esther, vielen Dank für alles!)

 

Auf der Weiterfahrt kommen wir nicht umhin, im Silicon Valley vorbeizuschauen. Wir besuchen das Tech Museum in San Jose und begeben uns dann auf den Highway Nummer 1, die Küstenstraße. Nebel begleitet uns. Nebel, der über dem Meer hängt. Nebel, der über das Ufer, den Küstenstreifen entlang zieht. Nebel, der in den Bergen hängt. Nebel – feucht und kalt. Angeblich sind die Kalifornier ganz verrückt nach diesem feucht-kalten Klima und zahlen horrende Summen, um hier leben zu dürfen. Wir besuchen Monterey und Pebble Beach – im Nebel. Auch Big Sur liegt im Nebel. Und auch Morro Bay ist wie in Watte gehüllt. Uns liegt dieses Wetter nicht so sehr – da können auch die

Seelöwen und Seeelefanten nicht trösten, die faul am Strand dösen. Am Strand der Reichen und Schönen in Santa Barbara überlegen wir bei einem Sushi-Mittagessen, ob wir weiter auf der Küstenstraße nach Los Angeles fahren oder ins Landesinnere abbiegen. Als das letzte Sushi-Röllchen vom Teller verschwunden ist, ist die Entscheidung gefallen: Wir verlassen den Highway 1 und biegen nach Ostenab.

 

Es geht zurück in die Wüste. Diesmal in die Mohave Wüste, zum Joshua Tree Nationalpark. Hier ist von Nebel und Feuchtigkeit nichts mehr zu merken. Ganz im Gegenteil. Es ist trocken und heiß. Also wirklich HEISS. Das Thermometer klettert auf über 50 Grad. In den San Bernardino Bergen brennt der Wald. Wir beobachten vom Auto aus, wie Löschhubschrauber ihre Wassertanks füllen und versuchen, den Brand einzudämmen. Wegen der Hitze ist an eine

Wanderung im Park nicht zu denken. Schon die Autofahrt durch die Wüste wird regelrecht zur Qual. Doch es kommt noch heißer. In der Anza Borrego Wüste ist es noch ein paar Grad wärmer. Und staubtrocken. Im Visitor Center zeigt man uns Bilder von einer blühenden Wüste und von Überschwemmungen. Ein bisschen Wasser wäre jetzt gut – also zurück an die Küste. Doch in San Diego ist es genauso heiß. Vielleicht hilft ein Besuch im Zoo. Eigentlich wollten wir uns ja nur den Nachwuchs bei den Pandabären anschauen, doch dann laufen wir sage und schreibe 10 Stunden durch den Zoo, der vor allem durch seine naturnahen Gehege und seine außergewöhnlichen Tiere begeistert.

 

Der 19. Juli rückt näher, unser amerikanisches Visum läuft aus. Bevor wir nach Mexiko weiter reisen können, müssen wir noch eine Autoversicherung abschließen. Wir tun dies in Chulla Vista beim „AAA“ – und erhalten als ADAC-Mitglieder auch gleich noch Kartenmaterial zu Mexiko und der Baja California sowie ein Tourbook geschenkt. Wir wollen nicht bei Tijuana über die Grenze, weil es dort zu überlaufen ist und wir an der Grenze noch ein paar Formalitäten erledigen müssen. Wir fahren nach Calexico / Mexicali – wieder einmal durch eine sengend heiße Wüste. Am Straßenrand stehen Wasserfässer, gekennzeichnet mit blauen Fahnen und von weitem sichtbar, damit niemand in der Wüste verdursten muss. Und dann heißt es „bye-bye America“ und „bienvenidos Mexico“.


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